Nützlinge

Mit zunehmender Einschränkung insektizider Pflanzenschutzwirkstoffe, unabhängig von der Art der Applikation, werden Kenntnisse über die kleinen natürlichen Helfer immer wichtiger. Einige natürliche Gegenspieler von Blattläusen möchten wir Ihnen im Folgenden vorstellen.

Nützlinge - Kleine Helfer auf dem Feld

Nie zuvor seit knapp über 20 Jahren sind Zuckerrübenbestände vom Feldaufgang an so intensiv beobachtet worden. Das war früher, mit der Neonic-Pille, nicht nötig, denn bis zum Reihenschluss war in den meisten Fällen Ruhe. Niemand wagte eine genaue Prognose, wie sich der Wegfall der Neonics ab 2019 auswirken würde. Würde es dauern, bis sich eine Schädlingspopulation etabliert, oder würde es zur rasanten Besiedlung unserer Zuckerrüben kommen, mit verheerenden Folgen? Immer im Rampenlicht: Die Blattläuse als gefürchtete Virusüberträger.

Relativ unbeachtet blieb zunächst das Heer der kleinen, unscheinbaren Helfer.

In den Zuckerrüben fielen diverse Nützlinge in hoher Zahl auf, denen es in vielen Fällen erstaunlich gut gelang, Blattlausbesiedlung unter Kontrolle zu behalten. Es zeigte sich bei Feldbegehungen, dass erschreckend viele Landwirte außer den Marienkäfern keine Nützlinge kannten, bzw. die Adulten, deren Puppen oder deren Larven nicht erkannten.

Die Zahl der Nützlinge, die als natürliche Antagonisten auftreten, ist enorm groß. Die Auswahlkriterien derer, die im Folgenden behandelt werden, richtet sich nach ihrer weiten Verbreitung, bei gleichbleibend hoher Dichte und hoher Effizienz beim Entgegenwirken eines aufkommenden Schädlingsbefalls. Die nicht näher betrachteten, wie etwa Schlupfwespen, sind keinesfalls weniger wichtig!

Daher sollen in dieser kleinen Zusammenfassung die drei wichtigsten Helfer in unserer Klimaregion vorgestellt werden. Übereinstimmend nennen mehrere Autoren die Hainschwebfliege (Episyrphus balteatus), den Siebenpunkt-Marienkäfer (Coccinella septempunctata) und die Familie der Florfliegen (Chrysoperla spec.; C. carnea).

 

  • Schwebfliegen

Schwebfliegen zählen aus ökonomischer Sicht zu den wichtigsten Blattlausantagonisten. Am häufigsten vorkommende Arten sind die Hainschwebfliege, die Große Schwebfliege und die Gemeine Feldschwebfliege. Die Schwebfliege selbst ernährt sich von Pollen und Nektar blühender Pflanzen. Besonders wichtig sind daher für die ersten im Frühjahr erscheinenden Schwebfliegen frühe Pollenspender, wie verschiedene Weidenarten, Hasel, Schwarzdorn und Kornelkirsche.

Die Weibchen legen ihre Eier meist einzeln in die Nähe oder in eine Blattlauskolonie, damit die Larven sofort nach dem Schlüpfen Nahrung finden. Unter Laborbedingungen legt eine Schwebfliege zwischen 2000 und 4500 Eiern, in der Natur ca. 500 (2).

Die Entwicklungsdauer der verschiedenen Stadien hängt in hohem Maße von der Umgebungstemperatur ab. Bei 10 °C schlüpft z. B. die Larve nach 9-11 Tagen, bei 20 °C bereits ab 48 Stunden (2)! Ähnliche Verhältnisse gelten auch für die anderen Stadien.

Die Eiablage ist gut mit der Populationsentwicklung der Blattläuse synchronisiert und erreicht darin die beste Korrelation im Vergleich mehrerer Prädatoren (3). Eine Larve kann in den ein bis zwei Wochen bis zur Verpuppung 400-1000 Blattläuse vernichten. Aus der Puppe schlüpfende Weibchen beginnen bei guter Pollennahrung bereits nach einer Woche mit der Eiablage.

Sehr gute Bilder zu adulten Schwebfliegen und Larven sind bei Schmid (2) zu finden.
 

 

  • Marienkäfer

Der Siebenpunkt-Marienkäfer ist die bei uns am weitesten verbreitete Art. Weitere wichtige Vertreter sind der Vierzehnpunkt-Marienkäfer (Propylea quatuordecimpunctata) und der Zweipunkt-Marienkäfer (Adalia bipunctata).

Der Siebenpunkt-Marienkäfer ist im Vergleich zu anderen Nützlingen der mit Abstand bedeutendste Antagonist gegen Blattläuse. Sowohl die Larven als auch die adulten Tiere leben räuberisch. Ein Weibchen des Siebenpunkt-Marienkäfers kann bis zu 800 Eier in Gelegegrößen von durchschnittlich 28 Eiern ablegen. In der Regel erfolgt die Ablage an der Blattunterseite in der Nähe von Blattlauskolonien. Die Zeit bis zum Schlupf beträgt 7 bis 10 Tage. Alle Larven eines Geleges schlüpfen gleichzeitig (1).

Die Larve benötigt für ihre Entwicklung 600 bis 800 Blattläuse, die Larvenentwicklung bis zur Verpuppung dauert zwischen 3 und 6 Wochen und umfasst 4 oder 5 Larvenstadien. Nach einer Puppenruhe von 4 bis 9 Tagen schlüpfen die Jungkäfer. Die Imagines verzehren bis zu 150 Blattläuse pro Tag (1).

Untersuchungen haben gezeigt, dass die Marienkäfer bereits in der Anfangsphase der Blattlausentwicklung auf den Kulturflächen vorhanden sein müssen, um eine Blattlauskolonie wirksam zu begrenzen oder gar ausrotten zu können. Bei einem Räuber-Beute-Verhältnis von 1:20 kann in der Regel auf eine Blattlausbekämpfung verzichtet werden (1).

Dabei ist eine bestimmte Blattlausdichte notwendig, um die Marienkäfer im Habitat zu halten (1). Sinkt sie unter einen bestimmten Schwellenwert, wandern die Käfer ab, um woanders nach Beute zu suchen (5,6).
 

 

  • Florfliegen

Die adulten Florfliegen sind zart und zerbrechlich erscheinende Tiere. Ihre Nahrung besteht aus dem Honigtau von Blattläusen und Nektar blühender Pflanzen. Sie ziehen mit dem Frühjahr in die Felder und ernähren sich vom hier abgesonderten Honigtau. Der Migrationsflug der Florfliegen folgt einem komplexen Schema, welches schließlich mit mehreren Eiablagen endet.

Die Eiablage wird durch die Intensität des Duftes des Honigtaus gesteuert, sodass die Intensität der Eiablage gut mit der Häufung von Blattläusen korreliert.

Die Eier werden an Stielen meist auf die Blattunterseiten geheftet. Nach 3 bis 10 Tagen schlüpfen die Larven, welche im Gegensatz zu ihren Eltern wahrhafte Killer sind. Vom Larvenstadium über die Verpuppung bis zum Imago vergehen zwischen 2 und 3 Wochen. In dieser Zeit vertilgt die Larve zwischen 200 und 500 Blattläusen, neben anderen Beutetieren. Ein Weibchen legt innerhalb ihres Lebens bis zu 800 Eier (1).


Alle Arten von Nützlingen sind extrem empfindlich gegenüber Insektiziden aller Art. Insektizide sollten im Sinne des Integrierten Pflanzenschutzes nur eingesetzt werden, wenn wirtschaftliche Schadschwellen erreicht, bzw. überschritten werden. Jegliche Prädatoren werden durch Insektizide stets härter getroffen als Blattläuse, die über ein enormes Anpassungsvermögen an jegliche Wirkstoffklassen (Resistenz) verfügen, und gleichfalls über ein enormes, uneinholbares Vermehrungspotenzial (7). Viele Antagonisten bringen nur eine oder zwei Generationen pro Jahr hervor. Werden diese durch einen Insektizideinsatz schlagartig dezimiert, haben die Schädlinge danach freien Lauf. Es entsteht ein Teufelskreis aus sich zwangsläufig wiederholenden Insektizidbehandlungen (1).

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1 | Kranhold J.; 2014: Möglichkeiten und Grenzen der Förderung ausgewählter Nützlinge durch lokale Biotopverbundsysteme in der landwirtschaftlich geprägten Kulturlandschaft; Bachelorarbeit; Hochschule Neubrandenburg
http://digibib.hs-nb.de/file/dbhsnb_derivate_0000001811/Bachelorarbeit-_Kranhold-2014.pdf

2 | Schmid U.; 2004: Die Schwebfliege Episyrphus balteatus; In: Entomologische Nachrichten und Berichte, 48, 2004/1
https://www.zobodat.at/pdf/EntBer_48_0001-0010.pdf

3 | Schier A. und Ohnesorge B.; 1990: Untersuchungen zur Populationsdynamik der Getreideblattläuse auf Winterweizen: Einfluß von natürlichen Feinden und Bewirtschaftungsintensität
https://www.hfwu.de/fileadmin/user_upload/FAVM/personalprofiles_FAVM/schier.andreas/Publikationen/schier_1990_DFG_IP_Bericht.pdf

4 | Schumacher K.; 2007: Effekte einer reduzierten Dosis von Pflanzenschutz-mitteln auf tritrophische Systeme im Ackerbau; Dissertation; Universität Potsdam
https://publishup.uni-potsdam.de/opus4-ubp/frontdoor/deliver/index/docId/1448/file/schumacher_diss.pdf

5 | Evans E. W.; 2003: Searching and reproductive behaviour of female aphidophagous ladybirds (Coleóptera: Coccinellidae): a review; Dept. Of Biology; Utah State University
https://www.eje.cz/pdfs/eje/2003/01/01.pdf

6 | Thalji R. A.; 2006: Composition of Coccinellid Communities in Sugar Beet Fields in Vojvodina; Faculty of Agriculture, University of Novi Sad
https://core.ac.uk/download/pdf/26665513.pdf

7 | Rosenthal E.; 2012: Marijuana Pest & Disease Control; Quick American Publishing