Schnipp Schnapp CRISPR/Cas
12. November 2020 | Im Oktober wurde der Nobelpreis für Chemie an die beiden Wissenschaftlerinnen Emmanuelle Charpentier und Jennifer Doudna verliehen. Die von ihnen 2012 entdeckte und entwickelte molekularbiologische Technologie CRISPR/Cas9 ist für den größten Teil der Gesellschaft kaum nachzuvollziehen. Vorstellbar wird CRISPR/Cas durch die Beschreibung als „Genschere“ oder „molekulares Skalpell“. Ein Komplex aus RNA und Protein ist in der Lage, das Erbmolekül/die DNA an definierten Stellen zu durchtrennen.
Die Funktionsweise von CRISPR/Cas wurde in Bakterien entdeckt. CRISPR/Cas ist die Immunantwort des Bakteriums auf eine Virusinfektion. Bei einer Infektion wird Virus-DNA an einem bestimmten Ort (CRISPR-Locus) des Bakteriengenoms eingebaut. Das Bakterium bildet daraufhin einen Komplex aus RNA (produziert vom CRISPR-Locus) und Enzym (Cas). Dieser enthält genetische Informationen des Virus. Mithilfe dieser Information erkennt das CRISPR/Cas-System in das Bakterium eindringende Viren und zerschneidet die Virus-DNA. Durch diesen natürlichen Abwehrmechanismus wird das Virus unschädlich gemacht.
In der Molekularbiologie wird die CRISPR/Cas-Technologie als revolutionär eingestuft. CRISPR/Cas kann in den Biotechnik-Laboren einfach angewandt werden. In der Medizin erhofft man sich dadurch personalisierte und zielgenaue Heilmethoden z.B. in der Krebstherapie. In der Pflanzenzüchtung wären z.B. gezielte Punktmutationen und das Abschalten von bestimmten Genen möglich.
1953 wurde die Struktur der DNA von James Watson und Francis Crick entschlüsselt und das Zeitalter der Molekularbiologie begann. 1993 erhielt der Biochemiker Kary Mullis den Nobelpreis für Chemie für die 1983 entwickelte Polymerase-Kettenreaktion - kurz PCR. Das Verfahren ist heute aus dem Alltag nicht mehr wegzudenken. So basiert auch der Corona-Test auf der Vervielfältigung der Virus-Erbinformation aus dem Rachen-Abstrich mittels PCR.
In der Pflanzenzüchtung hat sich die PCR-Technologie zügig etabliert. Selektionen finden auch auf molekularer Ebene statt, unterstützend wirkt die PCR bei der Entschlüsselung von Pflanzengenomen.
Wird in 20 Jahren auch die CRISPR/Cas-Technologie aus dem Alltag nicht mehr wegzudenken sein? Für die Pflanzenzüchter in Deutschland und der EU ist das fraglich, denn die neue Technologie fällt bisher unter das Gentechnikgesetz. Und im Gegensatz zu den USA oder China ist die Gesetzgebung hierzulande sehr restriktiv. Jedoch würden mit Hilfe von CRISPR/Cas krankheits- und schädlingsresistente Pflanzensorten schneller und effizienter entwickelt werden können. Diese sind zentraler Bestandteil einer nachhaltigen und klimaschonenden Landwirtschaft.
Bild oben: Die Viröse Vergilbung bei Zuckerrüben breitet sich nach dem Verbot der Neonikotinoide wieder aus. Das Virus wird durch die Grüne Pfirsichblattlaus in die Pflanzen übertragen. Das Entwickeln von resistenten Sorten ist schwierig, denn die Blattlaus überträgt nicht nur ein Virus sondern verschiedene Vergilbungsviren. Ertragsausfälle bis 50 Prozent sind möglich.
Link: BDP-Online
www.bdp-online.de/Pflanzenzuechter_starten_Gemeinschaftsprojekt_zu_neuen_Zuechtungsmethoden/
Link: Max-Planck-Gesellschaft
www.mpg.de/11018867/crispr-cas9
Anmerkungen:
Emmanuelle Charpentier leitet die Max-Planck-Forschungsstelle für die Wissenschaft der Pathogene in Berlin
Jennifer Doudna forscht und lehrt an der Universität von Kalifornien in Berkeley
CRISPR steht für Clustered Regularly Interspaced Short Palindromic Repeats
Cas9 steht für CRISPR-associated protein 9